Angst vor Sichtbarkeit: Ein paar Tipps

Im Englisch LK hatte ich nie eine Eins, obwohl ich zu den Besten gehörte. Ich war einfach zu schüchtern und habe meine Klappe im Unterricht nicht aufgekriegt. Auf dem Zeugnis stand dann immer eine Note schlechter. Damit musste ich leben. 

Referate halten war mir lange ein Graus und vor meiner allerersten mündlichen Prüfung an der Uni gingen mir die Nerven durch. Klassischer Prüfungskoller. Anstatt in der Prüfung zu sitzen, ließ ich mich krankschreiben und schrubbte heulend das Badezimmer meiner Eltern. In den Semesterferien sortierte ich mich dann neu und bestand zwei Monate später mit einem Fingerschnips.

Danach war ich mit dem Thema durch. Dachte ich zumindest.

Beim Selbstständigmachen fährt die Angst immer mit

Bei meinen ersten Schritten in die Selbstständigkeit sind dann plötzlich die Geister meiner Vergangenheit wieder wach geworden. Und das gut 20 Jahre später. Eine lange Zeit, in der ich so einiges gewuppt und meine Komfortzone immer wieder erweitert hatte. Damit hätte ich nicht gerechnet.

Aber ja, es macht einen großen Unterschied, ob du als Angestellte eines Unternehmens etwas repräsentierst und verkaufst oder ob du selbst dieses etwas bist. Als Personal Brand kannst du dich nicht mehr verstecken. Du bist deine eigene Marke. Dafür braucht es ganz viel Klarheit und eine gehörige Portion Mut. Klarheit über die eigenen Werte und wofür du stehen willst und den Mut das auch zu zeigen und zu kommunizieren.

Live Videos sind eine große Hürde

Mich wirklich zu zeigen fiel mir anfangs schwer – vor allem auch das Live gehen. Als ich mich dann mit anderen Unternehmerinnen darüber austauschte, stellte ich fest: Damit bin ich nicht alleine. Die meisten hatten Angst, sich zu zeigen und eines hatten wir alle gemeinsam.

Unsere Ängste verstecken sich hinter einem starken Bedürfnis nach Perfektion. 

Hinter Perfektion steckt auch nur Angst

Wir hatten alle ähnliche Gedanken: Jetzt kann ich das noch nicht machen, weil es noch nicht perfekt ist, weil ich erst noch dieses und jenes lernen muss. Was denken nur die anderen? 

Dabei ist Perfektion eine Illusion. Es ist nichts anderes als ein Konstrukt, eine Story, die wir uns erzählen, damit wir genau dort bleiben, wo wir gerade stehen. Das Streben nach Perfektion ist ein ziemlich ausgefuchstes Selbstsabotagemuster, mit dem unser Gehirn uns ins unserer Komfortzone lässt. Für immer. Denn wann ist etwas perfekt? Nie. Und damit liefern wir uns selbst den besten Grund, es nicht zu tun. Allerdings kommen wir so auch keinen Schritt weiter. Wir können schließlich nicht in unserer Komfortzone hocken und uns gleichzeitig etwas aufbauen. Das funktioniert leider nicht. 

Ein kleiner Angsthase steckt doch in den meisten von uns

Die meisten Frauen kennen das Gefühl nur zu gut. Wir halten uns zurück. Wir verstecken uns. Wir basteln an einer neuen Businessidee unnötig lange herum. Weil wir Fehler vermeiden wollen. Wir bleiben unter unseren Möglichkeiten. Aus Angst. Wir kommen nicht voran. Und dann vergleichen wir uns mit denen, die all das machen, was wir wollen und schneiden dabei auch wieder schlecht ab. Wir machen uns noch kleiner. Ein Teufelskreis.

Kennst du das auch? Hast du das Gefühl, dass du im Moment viel zu viel herum eierst und mit deinem Business nicht vorwärts kommst? Steckst du fest? Dann könnte eben dieses Gefühl dahinterstecken.

Aber hey… Wenn du das erst einmal für dich erkannt hast, kannst du auch was dagegen machen. Ich gebe dir mal ein paar Tipps, die mir geholfen haben, mein Mindset zu ändern.

1. Feiere deine Erfolge

Unser Gehirn ist auf Fehlersuche programmiert. Deshalb schauen wir auch so gerne auf die Dinge, die nicht rund laufen, die wir nicht haben, die wir falsch gemacht haben. Das ist ganz natürlich und soll uns vor Gefahren schützen. Allerdings hilft uns das in der heutigen Zeit nicht wirklich weiter. Wenn wir uns immer nur auf das konzentrieren, was wir noch nicht haben, geraten wir recht schnell in eine gedankliche Negativspirale. 

2. Schau auf das, was du schon alles erreicht hast

Da wo dein Fokus ist, dahin fließt auch deine Energie. Warum also nicht einfach den Fokus ändern und auf die positiven Dinge in deinem Leben blicken? Führe dir deine Erfolge regelmäßig vor Augen. Es ist nämlich genau dieser kleine Shift, der dich auf Dauer stärker und selbstbewusster macht und andere Schritte gehen lässt.  

3. Schreibe es auf

Ich möchte dir ans Herz legen, ein Erfolgstagebuch zu schreiben. Ich mache das seit Jahren und es hat unglaublich viel in meinem Leben bewirkt. Es ist ganz einfach und dauert gar nicht lange.

Schreibe dir täglich 3 bis 5 Dinge auf, die du wirklich gut gemacht hast. Diese Erfolge können auch ganz kleine Dinge sein. Ich freue mich zum Beispiel, wenn ich trotz Regenwetter meinen Hintern hochbekomme und meinen inneren Schweinehund besiege und zum Sport radele. Kein Erfolg ist zu klein und sollte entsprechend gewürdigt werden.

Es wird dich vielleicht überraschen. Aber auch deine Fehler sind genau genommen Erfolge. Solange du etwas daraus lernst. Frage dich auch immer, was habe ich heute gelernt? Und betrachte es als Erfolgserlebnis.

Hast du eines deiner Ziele erreicht? Super. Glückwunsch. Dafür solltest du dich wirklich belohnen. Gönne dir eine schöne Massage, eine kurze Auszeit, ein Geschenk. Was immer es auch ist, aber erkenne dich für das an, was du geschafft hast und feiere dich entsprechend. Du hast es dir verdient.

4. Bezirze dein Ego

Holst du dir regelmäßig Feedback ein? Was machst du damit? Ich bin mir sicher, dass du den ein oder anderen Fan in deiner Community hast. Sammele doch einfach die positiven Stimmen von den Menschen, denen du weitergeholfen hast und bastele dir eine Ego-Box. Dazu packst du am besten noch Fotos von schönen Momenten aus deinem Leben, deine schönsten Erinnerungen und auch deine wichtigsten Erfolge. Ich persönlich liebe kleine hübsche Deko-Kisten, in die ich alles Mögliche packe, wofür ich wirklich dankbar bin. 

Wenn es mal gerade nicht so läuft wie du es gerne hättest und du beginnst an dir zu zweifeln, dann schau einmal in deine Kiste und erinnere dich, was du alles bereits in deinem Leben hast. Das hilft dir, dich wieder auf das Positive zu fokussieren. Manchmal hilft auch einfach Schokolade. Die darf in meiner Ego-Box nicht fehlen.  

5. Einfach machen und dazu lernen hat mir geholfen

Ganz ehrlich. Mein allererstes Facebook Live war technisch gesehen das reinste Fiasko. Ich hatte keine Ahnung, was es zu beachten galt. Ich habe es einfach mal gemacht und es war auch gleich eine Kooperation mit einer Unternehmerin, die bereits eine größere Community hatte. Kurzum: Es gab tatsächlich Zuschauer. Weißt du was? Es hat mir trotzdem ungeheuer Spaß gemacht und hinterher habe ich mich über mich selbst beömmelt. Warum auch nicht? Technische Probleme haben auch die ganz Großen am Markt und in den paar Minuten Facebook Live habe ich so viel gelernt. Das hätte ich mir in Wochen nicht zusammen googeln können.

Solange du die Dinge in deinem Kopf zerdenkst, kannst du dir die unglaublichsten Szenarien zurecht fantasieren. Was, wenn keiner kauft? Was, wenn jemand kauft, kann ich mein Versprechen überhaupt halten? Was, wenn ich kritisiert werde? Was, wenn…

Was, wenn du es einfach mal machen würdest? Dann siehst du auch, was tatsächlich passiert. Dann kannst du sinnvoll optimieren. Dann bist du einfach mal viel schlauer. 

Das sagt sich jetzt so leicht, ist es aber nicht immer. Denn WISSEN ist schließlich nicht gleich MACHEN. 

6. Mit diesen Reflexionsfragen kannst du den Fokus von deiner Angst wegnehmen

Frage dich einmal, was es dich emotional und finanziell kosten würde, wenn du so weiter machst wie bisher. 

Verbinde dich auch mit deiner Vision, deinem Warum. 

Was wäre der nächste Schritt, um genau dorthin zu kommen? 

Was wäre denn das Schlimmste, was passieren könnte, wenn du einfach mal machst und wäre das wirklich so schlimm? 

Was wäre der Gewinn, wenn du einfach mal machst?

Mir persönlich hat sich ein Zitat von Ernest Hemingway eingeprägt. Er hat einmal gesagt: „The first draft of anything is shit.“ Ich finde es sehr befreiend, dass selbst ein Literaturnobelpreisträger seine Meisterwerke erst durch das Überarbeiten geschaffen hat und nicht beim Schreiben selbst. Das hat mir damals beim Schreiben sehr geholfen, denn als Autor gibt es ja die Angst vor dem weißen Blatt Papier. Als ich mich von dem Erwartungsdruck, gleich mit jeder Zeile Bestsellerqualität schreiben zu müssen, befreite, kam ich viel leichter in den Flow. 

Es ist tatsächlich noch keine Meisterin vom Himmel gefallen und das trifft auf alles im Leben zu. Wichtig ist doch, dass wir immer wieder aufstehen, nachdem wir gefallen sind und etwas dazugelernt haben, damit wir beim nächsten Mal, diesen Stolperstein elegant umgehen können. 

Hier ist der Beweis. Mein erstes Facebook Live aka mein Beitrag zu Pleiten, Pech und Pannen.

Danach war ich um einiges schlauer. Das waren meine Learnings:

  • Ich selbst höre nicht, wenn es ein Echo gibt. (Ich habe jetzt immer Kopfhörer dabei und checke mit den Zuschauern, ob sie mich hören und sehen können)
  • Energiesparlampen gehen gar nicht. (Ich habe mir danach ein vernünftiges Studiolicht gekauft)
  • Live gehen mit dem Handy: Nicht jede App lässt jedes Format zu. (Da heißt es vorher testen)

Wie du siehst, hat es trotzdem sehr viel Spaß gemacht.

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